Burgund-Guide: Ihr Wegweiser zum perfekten Wein

Im Burgund entstehen die besten Chardonnays und Pinot Noirs der Welt – doch zwischen Chablis und Meursault liegen geschmacklich Welten. Warum das so ist und wie Sie Ihren ultimativen Burgunder finden, erfahren Sie hier!
Wer die Burgunder-Appellationen verstehen will, betritt kein geordnetes System, sondern ein geistiges Labyrinth – ein Geflecht aus Geschichte und Geologie. In der Bourgogne gleicht kein Wein dem anderen, selbst wenn sie nur wenige Meter voneinander entfernt entstehen. Der Terroir-Gedanke ist hier omnipräsent und macht die Region für Weinliebhaber mitunter zu einer Wissenschaft für sich. Wir haben die verschiedenen Herkunftsbezeichnungen und Weinprofile für Sie unter die Lupe genommen – und hoffen, Ihnen die Wein-Wahl damit etwas leichter zu machen!
Die Bourgogne: Das große Terroir-Epos Frankreichs
Das Burgund ist die Wiege des Terroir-Konzepts – jener Idee, dass ein Wein Ausdruck seines Ursprungs ist, seiner Erde, seines Klimas und der Hand, die ihn formt. Nirgendwo sonst in der Weinwelt ist dieses Zusammenspiel so fein aufgeschlüsselt wie in der nordfranzösischen Weinregion: auf wenigen Kilometern wechseln Böden aus Kalk, Ton und Mergel, Hangausrichtungen und Mikroklimata in fast mosaikartiger Dichte.
Von der Antike bis zur Revolution
Die Wurzeln des burgundischen Weinbaus reichen bis in die römische Antike zurück. Bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden erste Weinberge, doch es waren die Klöster des Mittelalters, die das Wissen um Rebsorten und Terroir bewahrten und weiterentwickelten. Besonders die Zisterzienser des Klosters Cîteaux prägten den Weinbau hier entscheidend: Sie kartierten sorgfältig die besten Lagen wie Clos Vougeot oder Musigny und legten damit den Grundstein für das heutige Lagenverständnis in dem französischen Weinbaugebiet.
Vom Klosterwissen zur AOC-Klassifizierung
Mit der Französischen Revolution änderten sich die Besitzverhältnisse in der Region radikal: Die ehemals kirchlichen und adligen Weinberge gingen an Bürger und Bauern über, was zu einer starken Parzellierung der Lagen führte – ein typisches Merkmal des heutigen Burgunds. 1935 markierte schließlich ein historischer Wendepunkt: Die Einführung des AOC-Systems brachte eine offizielle Klassifizierung der Weinlagen in Grand Cru, Premier Cru, Villages und regionale Herkunftsbezeichnungen. Das burgundische Qualitätssystem gilt bis heute international als Vorbild.
Ein Lagenverständnis, das seinesgleichen sucht
Das burgunder Appellationssystem ist ein Meisterwerk der Präzision. Jede Parzelle, jeder lieu-dit, wurde über Jahrhunderte hinweg beobachtet, benannt und abgegrenzt. Diese fragmentierte Struktur macht den Weinbau in der Region so unvergleichlich interessant.
Hinzu kommt eine jahrhundertealte Beobachtungskultur. Schon die Zisterzienser und Benediktiner erkannten im Mittelalter, dass die Erzeugnisse aus benachbarten Lagen völlig unterschiedlich schmecken konnten – und begannen, diese Unterschiede akribisch festzuhalten. So entstand ein einzigartiges System von Herkunftsbezeichnungen, das bis heute den Charakter jedes Weins definiert.
Auf der Spur der burgundischen Spitzenappellationen
Die berühmtesten Burgunderweine stammen aus dem Herzstück des Burgunds, der sogenannten Côte d’Or („Goldküste“). Diese erstreckt sich auf etwa 60 Kilometern Länge südlich von Dijon und gliedert sich in zwei Hauptzonen:
Côte de Nuits: Weltklasse-Rotweine
Die Côte de Nuits umfasst die höchste Dichte an Grand-Cru-Lagen der Region und vereint insgesamt 24 herausragende Weinbaugebiete entlang eines schmalen, kalksteinreichen Weinbands zwischen Gevrey-Chambertin und Vosne-Romanée. Zusammen bilden diese 24 Grand Crus das qualitative Epizentrum des Gebiets und definieren den globalen Maßstab für große Burgunder Rotweine.
Gevrey-Chambertin
In dem renommierten Weinbaugebiet liegen gleich neun Grands Crus, darunter Chambertin, Chambertin-Clos de Bèze, Chapelle-Chambertin oder Mazis-Chambertin, die für kraftvolle, komplexe Pinot Noirs stehen. In der 400 Hektar umfassenden Weinregion entstehen ausschließlich Rotweine.
Power, Komplexität und Struktur
Gevrey-Chambertin ist Synonym für außergewöhnliche Kraft gepaart mit einer dichten Struktur und einer unglaublichen Vielschichtigkeit. In der Jugend sind die Erzeugnisse sehr fruchtbetont, bieten jedoch ein immenses Lagerpotential.
Morey-Saint-Denis
Weiter südlich folgen in Morey-Saint-Denis die vier Grands Crus Clos de la Roche, Clos Saint-Denis, Clos des Lambrays und Clos de Tart.
Zwischen Kraft und Finesse
Morey-Saint-Denis steht stilistisch zwischen der Kraft von Gevrey-Chambertin und der Finesse von Chambolle-Musigny. Die Rotweine sind strukturiert, dunkelbeerig, oft würzig mit feinkörnigen Tanninen und sehr guter Lagerfähigkeit.
Chambolle-Musigny
Chambolle-Musigny gilt als Inbegriff von Eleganz: seidig, floral, rotfruchtig und mineralisch. Die Erzeugnisse zeigen eine außergewöhnliche Feinheit der Tannine und gehören zu den filigransten Stilen Burgunds.
Vougeot
Das traditionsreiche Vougeot beherbergt mit dem Clos de Vougeot eine der berühmtesten historischen Lagen des Burgunds.
Stilistische Vielfalt
Der Clos de Vougeot dominiert die AOC und bringt Rotweine mit mittlerem bis kräftigem Körper hervor, die je nach Parzelle von straff und strukturiert bis zuweilen geschmeidig und komplex reichen. Stilistisch sehr vielfältig.
Vosne-Romanée
Im Herzen der Côte de Nuits liegt Vosne-Romanée, dessen sechs Grands Crus – Romanée-Conti, La Romanée, La Tâche, La Grande Rue, Richebourg und Romanée-Saint-Vivant – zu den begehrtesten Terroirs der Welt zählen.
Kraft, Würze und samtige Eleganz
Das berühmte Weinbaugebiet steht für die perfekte Verbindung aus Kraft, Würze und samtiger Eleganz. Charakteristisch sind dunkle Kirsche, Veilchen, orientalische Gewürze und außergewöhnliche Tiefe. Die Erzeugnisse des Gebiets gehören zu den begehrtesten der Welt.
Pommard
Das Terroir von Pommard zeignet sich hervorragend für die Produktion von Pinot Noir. Pommards zählen zu den Tanninreichsten im Burgund. Die Tropfen fallen wesentlich kräftiger aus als beispielsweise die Erzeugnisse aus der Nachbarappellation Volnay.
Côte de Beaune – die Hochburg der großen Chardonnays
Die Region steht insbesondere für große Chardonnay Weißweine, geprägt von Spannung, Mineralität und Tiefe. Zu den absoluten Spitzenadressen gehören die biodynamisch arbeitende Domaine Leflaive in Puligny-Montrachet, mit Klassikern wie Chevalier-Montrachet und Bâtard-Montrachet.
Montrachet (Puligny & Chassagne)
Montrachet, eine der kleinsten Anbaugebiete Burgunds, erzeugt einige der größten trockenen Weißweine der Welt: kraftvoll, hochkonzentriert, gleichzeitig unglaublich komplex und präzise. Typisch sind reife gelbe Früchte, Butter- und Haselnussnoten, tiefe Mineralität und enorme Lagerfähigkeit.
Meursault
Meursault steht für vollmundige, geschmeidige Chardonnays mit Aromen von Haselnuss, Butter, Honig und reifer Frucht, getragen von einer warmen, kalkhaltigen Mineralität. Der Stil ist reich, aber harmonisch.
Im Norden werden energische Rote hergestellt.
Pouilly-Fuissé
Die vergleichsweise große Weinregion Pouilly-Fuissé umfasst 760 Hektar Rebfläche und liegen in 200 - 300 m Seehöhe auf Kalkmergel und felsigen Geröll. Die Appellation im Mâconnais liefert elegante, sonnige Chardonnays mit Noten von weißem Pfirsich, Birne, Mandeln und kalkiger Mineralität. Der Stil ist fruchtbetont, rund und oft überraschend tiefgründig.
Chablis: Der mineralische Norden
Chablis steht für eine eigenständige Stilistik innerhalb des Burgund – karg, präzise und von beeindruckender Ausdruckskraft. Die Region ist weltweit berühmt für ihre mineralischen, spannungsgeladenen Weißweine aus Chardonnay, die auf kargen, kalkhaltigen Böden (Kimmeridge-Kalk) wachsen und einen besonders klaren, salzigen Charakter entwickeln.
Die Domaine William Fèvre zählt zu den führenden Erzeugern von Chablis und ist international bekannt für einen Stil, der straffe Mineralität, Präzision und Terroirausdruck miteinander verbindet. =
Côte Chalonnaise und Mâconnais
Qualitätsoffensive aus dem Süden
Die südlichen Burgunder Regionen haben in den letzten Jahren eine atemberaubende Qualitätsoffensive gestartet. Lange im Schatten ihrer berühmten Nachbarappellationen stehend, bieten diese Gebiete heute eine facettenreichere Weinwelt als je zuvor. Das Mâconnais punktet mit hochkomplexen Böden: Kalkstein und Lehm wechseln sich mit Schiefer und Urgestein ab. Blauschiefer und sogar Vulkangestein – Bodentypen, die man nicht unbedingt mit dem Burgund verbindet – verleihen den Weinen außergewöhnliche Vielfalt.
Mekka für Insider und Eingeweihte
Weinbaugebiete wie Pouilly-Fuissé, Viré-Clessé und Mâcon-Villages erzielen heute hervorragende Bewertungen. Zahlreiche der bestbewerteten Weine des Burgunds kommen mittlerweile aus dem Mâconnais – bei noch moderaten Preisen. Ein absolutes Mekka für Insider und Eingeweihte. Die Côte Chalonnaise mit Appellationen wie Rully, Mercurey, Givry und Montagny bietet zugängliche, qualitätsvolle Erzeugnisse zu deutlich moderateren Preisen als die Côte d'Or.
Beaujolais: Der unterschätzte Süden
Der südlichste Zipfel des Burgunds – das Beaujolais – dockt an das Rhônetal an und wird oft übersehen. Historisch war die Gamay-Traube in der gesamten Region bedeutend, wurde aber vom Adel weitgehend von der Côte d'Or verbannt.
Heute profitiert das Beaujolais von ausgefeilterem Weinbau und sonnigeren Jahrgängen. Die Weine changieren stilistisch zwischen der Grenache der Rhône in heißen Jahren und dem kühleren Pinot Noir des Nordens in kälteren Jahren. Ein wenig beachteter Fakt: Top-Erzeugnisse aus dem Beaujolais können ebenso gut reifen wie klassische Burgunder aus Pinot Noir.
Ein fein abgestuftes Klassifikationssystem
Grand Cru
Im Burgund ist das Streben nach Präzision eine Kunstform – und nirgendwo zeigt sich das deutlicher als in seiner fein abgestuften Qualitätspyramide. An der Spitze thront die Klassifizierung Grand Cru, die jene legendären Parzellen bezeichnet, die nur wenige Prozent der gesamten Rebfläche in Burgund ausmachen.
Tiefe, Komplexität und Langlebigkeit
Ein Grand Cru spiegelt die Essenz eines einzigartigen Ortes wieder. Die Kreationen sind von fast mythischer Tiefe, die durch ihre Komplexität, Langlebigkeit und subtile Balance beeindrucken. Hier entstehen Raritäten, deren Preise heute oft die Zehntausend-Euro-Marke überschreiten – und dennoch begehrter sind denn je.
Premier Cru
Gleich darunter stehen die Premiers Crus, die gewissermaßen das Rückgrat des burgundischen Weinbaus bilden. Diese grenzen häufig unmittelbar an die großen Grand-Cru-Lagen an und teilen viele ihrer Eigenschaften – feinere Böden, optimale Exposition und eine unverwechselbare Terroir-Handschrift.
Charaktervolle Eleganz
Ein Premier Cru ist ein Wein für Connaisseure: etwas zugänglicher als ein Grand Cru, aber mit großem Reifepotenzial und starkem Charakter. Sie verkörpern die perfekte Balance zwischen Ausdruck des Bodens und Eleganz des Stils.
Village
Die darunter angesiedelten Village- und Régional-Appellationen vervollständigen das System. Sie bilden das Fundament, auf dem die gesamte burgundische Weinwelt ruht, und bieten einen ersten, oft charmanten Einblick in die Persönlichkeit jeder Unterregion – zu vergleichsweise fairen Preisen.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Burgunderwein
Was ist eigentlich ein „Climat“?
In der Bourgogne bezeichnet der Begriff Climat eine genau abgegrenzte Parzelle von Rebland mit ganz eigenen geologischen, topografischen und mikroklimatischen Eigenschaften. Jedes Climat besitzt einen spezifischen Boden, eine besondere Lage – etwa die Ausrichtung zur Sonne oder die Hangneigung – und oft auch eine lange historische Identität, die sich in seinem Namen widerspiegelt. Seit Jahrhunderten haben Winzer in der Bourgogne diese Unterschiede erkannt und fein säuberlich kartiert. Die Bezeichnung eines Climats auf dem Etikett steht somit für einen einzigartigen Ausdruck von Terroir: ein Wein, der den Charakter eines präzisen Ortes in sich trägt. Dieses einzigartige Mosaik von Climats – mehr als 1 200 allein in der Côte d’Or – ist seit 2015 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt.
Welcher Wein gilt als Burgunder?
Ein Burgunderwein kann entweder aus der französischen Region Burgund (Bourgogne) stammen oder aus einer Rebsorte der sogenannten Burgunderfamilie. Im Burgund werden vor allem Pinot Noir für Rotweine und Chardonnay für Weißweine verwendet – beide gelten als stilprägend für die Region. Im weiteren Sinne bezeichnet man auch Weine aus Rebsorten wie Spätburgunder (Pinot Noir), Weißburgunder (Pinot Blanc) oder Grauburgunder (Pinot Gris) als Burgunder, selbst wenn sie außerhalb Frankreichs – etwa in Deutschland, Österreich oder Italien – angebaut werden.
Wofür steht der Begriff "Clos"?
Ein Clos ist ein historisch ummauerter Weinberg, wie er besonders im Burgund häufig vorkommt. Ursprünglich von Mönchen angelegt, diente die Einfriedung dem Schutz und der klaren Abgrenzung besonders hochwertiger Parzellen. Heute steht der Begriff „Clos“ für Weine aus einem genau definierten Terroir mit starkem Identitätscharakter.
Was unterscheidet ein Burgunder von einem Bordeaux?
Für Weinfreunde zerfällt die Welt der französischen Weine oft in zwei Lager: die Bordeaux-Liebhaber und die Burgunder-Enthusiasten. In unserem Beitrag Bordeaux vs Burgund verraten wir Ihnen, was die beiden Weinbauregionen geschmacklich voneinander trennt!
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Oft zitiert, aber selten richtig verstanden: Im Bordelais bezieht sich der Begriff auf das Weingut, im hochkomplexen Klassifikationssystem der Bourgogne auf das Terroir, in der Champagne auf die Ortschaft.
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